Die echte Rose von Jericho (botanisch: Anastatica hierochuntica) gehört zur Familie der Kreuzblütler. Natürliche Verbreitungsgebiete liegen vor allem in Israel, in Jordanien, dem Sinai und teilweise auch in Nordafrika. Überlieferungen zufolge brachten Kreuzfahrer zwischen dem 11. Und 13. Jahrhundert und später Pilgerreisende die ersten Exemplare dieses interessanten Gewächses aus dem sogenannten „Heiligen Land“ nach Europa. Objektiv betrachtet sieht die echte Rose von Jericho aus, wie ein kleiner, mehr oder weniger runder Ballen aus Ästchen und Wurzeln. Statt an eine wunderschöne Rose erinnert die interessante Pflanze zunächst wohl eher an unattraktives Gestrüpp.

Die Rose von Jericho in ihrem natürlichen Umfeld

Rose-von-Jericho-Zeichnung

Wie eine geöffnete Hand schmiegt sich die einjährige, krautige Pflanze an den Wüstenboden. Sobald die Bedingungen günstig sind, bringt sie kleine, weiße Blüten hervor, aus denen sich die Früchte und Samen entwickeln. Sind die Samen dann reif, trocknet die Pflanze vollständig aus. Dabei rollt sie ihre Zweige und Blätter nach innen und umschließt ihre Früchte und Samen vollständig. So sind sie vor Vögeln und anderem Getier unbegrenzt lange sicher geschützt.

Erst wenn der nächste Regen kommt und die Wassermengen so ergiebig sind, dass sie es der Mutterpflanze ermöglichen, eine neue Generation an Pflanzen hervorzubringen, wird sich die Rose von Jericho wieder ausbreiten. Dabei gibt sie einen Teil ihrer Samen frei, die sofort zu keimen beginnen. Das Wasser spült die Samen fort. Neue Mutterpflanzen können sich so an anderen Stellen entwickeln.

Nach dem Eintrocknen kommt es auch häufig vor, dass kräftige Winde die eher schwach ausgeprägten Wurzeln der Rose von Jericho aus dem Wüstenboden reißen. Dann rollen die trockenen Ballen kilometerweit über den Sand. Diese interessante Verbreitungsart wird in der Botanik als Chamaechorie bezeichnet.

Wiederbelebung zu Hause

Ob in der Wüste oder im heimischen Wohnzimmer: Jedes Mal, wenn die Rose von Jericho ausreichend Wasser bekommt, wird sie ihre Zweige, Ästchen und Blättchen ausbreiten. Diese färben sich innerhalb einiger Stunden dunkeloliv. Länger als eine Woche sollte die Pflanze jedoch nicht feucht gehalten werden – sie würde zu schimmeln beginnen. Das Trocknen sollte an einem luftigen Ort, am besten in der prallen Sonne erfolgen. Erst nachdem die Wüstenrose mindestens zwei Wochen trocken gehalten wurde, darf sie „wiederbelebt“ werden. Dieser Vorgang des vollständigen Trocknens und Wiederbelebens lässt sich beinahe unbegrenzt oft wiederholen. Deshalb nennt der Volksmund die echte Rose von Jericho im Volksmund oft auch „Auferstehungspflanze“.

Rosen von Jericho
Rosen von Jericho

Brauchtum und Mythen

Um die Rose von Jericho ranken sich vielerlei Geschichten, in denen zumeist Glaube und Aberglaube eine wichtige Rolle spielen. So soll beispielsweise die Mutter Jesu auf ihrer Flucht nach Ägypten die Wüstenrose gesegnet und ihr somit ewiges Leben eingehaucht haben. Aufgrund dieser Legende und des ungewöhnlich, wundersamen Verhaltens der Pflanze, wird sie noch heute vielerorts als „heilig“ verehrt.

Im spätmittelalterlichen Europa haben Hebammen die Rose von Jericho an das Bett gebärender Frauen gestellt und mit Einsetzen der Geburtswehen gewässert. Einerseits wurden der Pflanze Geburt erleichternde Kräfte zugeschrieben. Außerdem sollte mit ihrem vollständigen Erblühen auch das Baby auf der Welt sein. Dem Neugeborenen wurde diese Rose von Jericho dann geschenkt und diente dem neuen Erdenbürger zeitlebens als Glücksbringer.

Einem anderen alten Brauch zufolge wurde die Rose von Jericho jeweils zu Ostern und Weihnachten gewässert und somit zu Ehren Christi zum Leben erweckt. Dieses Ritual versprach Glück und Segen, Reichtum und Gesundheit für alle Bewohner des Hauses, in dem die Rose aufbewahrt wurde. Manche Bauernfamilien stellten sich die Rose von Jericho auch unters Bett, um besser schlafen zu können.

Außergewöhnliches Geschenk aus dem Heiligen Land

Ob die neuzeitliche Behauptung, dass die Rose von Jericho Motten abwehrt, Mythos ist oder der Wahrheit entspricht, sollte am besten jeder selbst ausprobieren. Wahrscheinlich liegen in den meisten Kleiderschränken eher Säckchen mit duftendem Lavendel. Allerdings gibt es auch heute noch Familien, in denen die Wüstenrose gut verwahrt und als Glücksbringer von Generation zu Generation weitergegeben wird. Die Rose von Jericho ist noch immer ein sehr beliebtes Weihnachts- oder Ostergeschenk. Gerade Kinder sind erstaunt, wenn sie von ihren Eltern oder Großeltern an den Feiertagen den verblüffenden „Wiederbelebungseffekt“ vorgeführt bekommen. Auch ein kleines Präsent, wie etwa ein Kettchen oder ein Ring lässt sich prima in der trockenen Knolle verstecken. Sobald sie der Beschenkte wässert, kommt die Überraschung dann zum Vorschein.

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